Freitag, 30. Dezember 2011

Der letzte Winter

Ich hätte ja ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, dass ich mein Buch fürs November/Dezember-Motto der Lesenden Minderheit noch dieses Jahr fertigkriege. An Weihnachten hing ich noch auf Seite 150 (von 520 ...) fest. Krimi und ich ... ist nicht die große Liebe!

Aber dann!!! Dann hat mich das Buch plötzlich doch gepackt. Innerhalb von 24 Stunden waren die restlichen 370 Seiten gefressen, im wahrsten Sinne des Wortes. Ich MUSSTE einfach wissen, wie es ausgeht!

Doch von Anfang an, wie sich das für eine Rezension gehört:

Gelesen hab ich "Der letzte Winter" von Ake Edwardson, erschienen als Taschenbuch im List Verlag.
Ich hab es ausgewählt, weil ich von Edwardson schon einige der Fälle von Kommisar Erik Winter gelesen hab  und ich seine Schreibe auch in seinen Jugendbüchern (die ich beruflich gelesen hab) gerne mag. Er ist ziemlich reduziert, sehr dialoglastig und schreibt so, dass ein wahres Kopfkino entsteht. Das ist ihm auch bei "Der letzte Winter", dem zehnten (und, wenn ich das richtig verstanden hab, letzten ) Fall von Erik Winter, wieder bravourös gelungen.

Zum Inhalt:
Im Göteborger Viertel Vasastan, der gehobenen Wohngegend, wird eine junge Frau tot aufgefunden. Sie wurde in ihrem Bett mit dem Kopfkissen erstickt. Verdächtiger: ihr Lebensgefährte, der wie paralysiert neben der Leiche sitzt.
Wenig später wiederholt sich die Geschichte, nur ein paar Straßen weiter. Zufall? Oder ein Serientäter? Die Ermittler stehen vor einem Rätsel.
Zur gleichen Zeit will Erik Winter eigentlich an seinem Privatstrand mit seiner Familie in die Weihnachtszeit starten. Doch dann sieht seine kleine Tochter Elsa ein Stück Holz im Wasser treiben. Oder - doch nicht? Das Treibholz entpuppt sich als Wasserleiche, die an den Strand der Winters getrieben wird. Plötzlich hält das Verbrechen Einzug in das Privatleben des Kommisars. Wie erklärt man zwei kleinen Kindern den Tod? Und noch schwieriger: Mord?? Winter beginnt mehr und mehr, über sein Leben und seinen Beruf nachzudenken.
Als dann eine junge Polizstin, die als Einzige an beiden Tatorten der Frauenmorde war, zu ihm kommt, weil ihr Parallelen aufgefallen sind, die sonst keiner sehen will, nimmt er die Gelegenheit zur Ablenkung dankbar an. Und doch dringen auch diese Fälle plötzlich in sein Familienleben ein. Es gibt Verbindungen zwischen den Familien der beiden Opfer und der beiden Verdächtigen. Alle vier Familien haben ein Privathaus an der spanischen Costa del Sol - in derselben Stadt wie Eriks Mutter Siv ... An Heiligabend schließlich hängt auf einmal eine DVD in einem Beutel an der Wohnungstür der Winters. Eine DVD, auf der der Mörder einen dritten Mord ankündigt ... Für Winter beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit. Und immer mehr stellt sich heraus, dass auch die Wasserleiche einen Zusammenhang mit der spanischen Sonnenküste hat ...

Meine Meinung:
Wie gesagt, am Anfang hab ich mich etwas schwergetan. Die beiden Handlungsstränge liefen scheinbar unverbunden nebeneinander her. Es gibt sehr viele Querverweise auf die Vorgängerbände, und da es doch schon länger her ist, dass ich die Krimis gelesen hab, hat mich das etwas gestört. Aber ich vermute mal, für einen letzten Band muss das einfach sein.
Als aber den Knoten geplatzt ist und die beiden Linien angefangen haben, sich miteinander zu kreuzen, sich zu verschlingen, zu verknoten und schließlich zu einer gemeinsamen Geschichte zu verbinden, konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Durch die knappe, reduzierte Schreibweise und die einfach sehr gut gemachten Dialoge wurde ich so in die Geschichte hineingezogen, dass ich einfach nur noch wissen wollte, wie mein Kopfkino wohl ausgehen wird. Edwardson ist ein verdammt guter Handwerker und sehr gut übersetzt. Er setzt Stilmittel und Dramaturgie extrem gut ein und ist ein Meister des Cliffhangers. Als Leser ist man ständig auf Augenhöhe der Ermittler. Ich bin eigentlich ganz gut im "Vorauslesen", aber dieses Mal hatte ich wirklich die ganze Zeit keine Ahnung, in welche Richtung das Ganze am Ende gehen würde. Und wenn ich als Leser durch die Polyperspektive mal mehr wusste als die Ermittler, war es so schmerzhaftes Wissen, dass ich es lieber nicht gewusst hätte ...
Ich hatte wirklich schon lange keinen solchen Leserausch mehr, danke, Ake Edwardson, und DANKE an Caro und Bine :-D Ohne euch hätte ich den Krimi sicher nicht in die Hand genommen, und mir wäre was entgangen. Ich hab jetzt mal die anderen Winter-Krimis wieder rausgeholt, mal sehen, ob ich mich nicht wirklich mal der Reihe nach durch alle zehn durchlese ...

Jetzt bin ich gespannt, was a) die anderen im Frühwinter so gelesen haben und b) was das Lesethema für Januar und Februar wird. Hoffentlich etwas, das wärmt! ;-)

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