Ich durfte mal wieder ein Buch für "Blogg dein Buch" lesen - und ich hab mich, ganz meiner zweiten (dritten?? vierten????) Leidenschaft entsprechend für eine besondere Ausgabe von Homers "Odyssee" entschieden:
Die Odyssee als Literaturcomic, erschienen im Verlag F.A. Brockhaus.
64 Seiten, 21,0 x 28,0 cm, € 12, 95 (und zum Beispiel hier erhältlich)
Zum Inhalt:
Zum Inhalt der Odyssee brauch ich ja, denke ich, nicht viel zu erzählen. Der listenreiche Odysseus, König von Ithaka und verantwortlich für den Sieg der Griechen vor Troja, will eigentlich nur nach Hause, doch hat er sich durch unterschiedliche Taten den Zorn verschiedenster Gottheiten zugezogen, die nun nichts Besseres zu tun haben, als ihm auf die unterschiedlichsten Arten Steine in den Weg zu legen. Ob gefräßige Zyklopen, verführerische Nymphen, verschlagene Hexen oder singende Sirenen, überall drohen tödliche Gefahren und am Ende ist Odysseus der einzige Überlebende. Er wird in Phaiaka an Land gespült und schafft es hier schließlich (dank dem Eingreifen der göttlichen Athena), dass ihn ein Schiff nach Hause nach Ithaka bringt. Zwanzig Jahre lang hat seine Frau Penelope auf ihn gewartet und sich der frechen Freier erwehrt, die gerne Thron und Bett des tot geglaubten Odysseus übernehmen würden. In Verkleidung gelingt es Odysseus, die Flegel zu erledigen und endlich seine geliebte Penelope und seinen mittlerweile erwachsenen Sohn in die Arme zu schließen.
Meine Meinung:
Die Idee, die Odyssee als Comic umzusetzen, bietet sich ja geradezu an. Denn es sind ja gerade die großen alten Geschichten von Krieg und Liebe, die allem Erzählen in unsere Kultur zugrundeliegen. Die ältesten Geschichten in der modernsten Form – passt.
Die Umsetzung orientiert sich vom Aufbau her genau an der altgriechischen Vorlage. Beginnend mit der so genannten Telemachie (dem Aufbruch des Telemachos, Sohn des Odysseus, der seinen Vater suchen will), switcht der Plot nach Phaiaka, wo ein nackter Mann ans Ufer gespült wird und dort von der Königstochter und ihren Mägden gefunden wird. Einem Befehl der Athena folgend, kümmert sich die Prinzessin um ihn und lässt ihn in den Palast bringen. Dort, bei einem Festmahl, singt ein Barde von den Taten des Odysseus, bis dieser sich zu erkennen gibt und in Rückblicken davon erzählt, was ihm und seinen Gefährten auf ihrer abenteuerlichen Heimreise alles widerfahren ist.
Die Abenteuer folgen Schlag auf Schlag – kein Wunder, es werden ja auch knapp 400 Seiten Epos auf nicht mal 50 Seiten Comic komprimiert. Das entspricht aber auch denke ich den Seh- und Lesegewohnheiten der Jugendlichen, die diese Art der Klassikerverpackung ansprechen soll. Man kommt kaum zum Luftholen, schon droht wieder Gefahr.
Der Stil des Comics (der im Übrigen eine Lizenz aus dem Französischen ist) orientiert sich meinem Empfinden nach stark an DEM historischen Comic schlechthin, 300 von Frank Miller. Schon allein die Tatsache, dass die vor Troja kämpfenden Griechen allesamt spartanische Helme tragen – aber lassen wir das, über Authentizität in der Ausstattung brauchen wir bei einem Comic ja nicht weiter reden ;-).
Jedenfalls: Ich hab den Comic echt gern gelesen. Die Story ist (natürlich) klasse, die Umsetzung modern und auch passend zu der martialischen Geschichte. ABER. Ich hab ein Problem mit der Altersangabe auf der Rückseite des Buchs. Da steht nämlich „ab 10 Jahren“. Und das finde ich ein bisschen heftig. Ob es nun das blutverschmierte Maul des Zyklopen ist, der gerade einem Gefährten des Odysseus den Kopf abgebissen hat, oder die leicht bis gar nicht bekleideten Lotosfresser, die die Heimreisenden auf ihrer Insel festhalten wollen, ob der Po der Prinzessin Nausikaa durch ihren Chiton hindurch mehr als deutlich zu sehen ist oder ob die Köpfe der frechen Freier mit aufgerissenen Augen abgeschlagen durch die Luft fliegen – das ist dann doch ein bisschen zu heftig für Zehnjährige. Dreizehn, vierzehn, das kann ich mir vorstellen, die sind das ja schon gewöhnt, aber hier geht mir „ab 10“ echt zu weit. Als Film hätte dieser Comic es sicher auf eine FSK-Freigabe ab 16 geschafft …
Im Anschluss an den Comic gibt es noch ein paar Seiten mit Sachinformation über Homer, den Trojanischen Krieg und die griechische Mythologie; das ist allerdings auf einem Niveau, der sich wieder an Jüngere richtet, finde ich. Gut, wobei ich da die Jugendlichen vielleicht auch überschätze ;-) Mich hätte man mit vierzehn mit diesen Informationen eher nicht mehr überrascht …
Also, Fazit: Die Odyssee ist sehr nah am Originaltext in eine gut gemachte Graphic Novel überführt worden. Dafür gibt es schon mal vier Garnröllchen, aber eine ziehe ich wieder ab, weil ich das Gefühl habe, der Verlag hat hier seine Zielgruppe aus dem Blick verloren. Diese Odyssee ist für Jugendliche, und für die auch gut. Aber nicht „ab 10“ ...
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